Führen in der Krise – wie der legendäre Ernest Shackleton

Er vermittelte Zuversicht in einer vermeintlich verzweifelten Lage: Der britische Expeditionsleiter Ernest Shackleton überstand mit seinem Team einen zweijährigen Überlebenskampf im Südpolarmeer. Was können Führungskräfte in Krisenzeiten von ihm lernen?

Roald Amundsen, Robert F. Scott – Namen von Abenteurern, die jeder kennt. Anders Ernest Shackleton: Um etwas über ihn zu erfahren, muss man sich näher mit Polar-Expeditionen im frühen 20. Jahrhundert beschäftigen. Keine seiner Forschungsreisen erreichte ihr Ziel. Sein Verdienst lag woanders: in seiner unerschütterlichen Führung.

 

Diese bewies Shackleton vor allem während der großen Expedition, die er 1914 unternahm. Mit einer Crew aus Wissenschaftlern, Handwerkern und Seeleuten wollte er zum ersten Mal die Antarktis durchqueren. Doch die Mission scheiterte schon auf der Anfahrt: Das Segelschiff Endurance fror erst im Packeis ein – und wurde von den driftenden Eismassen schließlich zermalmt.

 

Nun ging es für die Männer nur noch darum, lebend wieder nach Hause zu kommen. Sie versuchten es zu Fuß, die schweren Rettungsboote im Schlepptau – wie sich zeigte, ohne Chance, das rettende Festland zu erreichen. Monatelang kampierte das Team auf dem Eis, bis der Sommer kam.

 

In ihren Rettungsbooten schafften es die Männer über stürmische See zu der kargen Insel Elephant Island. Zusammen mit fünf Männern riskierte Shackleton alles und fuhr weiter nach Südgeorgien – wo sie nach Wochen tatsächlich eine rettende Walfangstation erreichten. Nach zweijähriger Odyssee kehrte das gesamte Team 1916 wohlbehalten zurück nach Großbritannien.

 

In unsicherer Zeit noch wichtiger: Präsenz, Struktur, Humor

 

Dank den Aufzeichnungen der Crewmitglieder ist gut dokumentiert, wie der Expeditionsleiter in der Krise agierte. In dem Buch „Shackleton’s Way“ leiten die Autorinnen Margot Morrell und Stephanie Capparell Regeln für die Führung von Unternehmen ab. Vor allem diese:

 

  • Verantwortung und Optimismus. Reden Sie viel mit Ihren Mitarbeitern. Betonen Sie gleich zu Beginn einer Krise, dass Sie die Verantwortung für alles übernehmen, was auf das Team zukommt. Vermitteln Sie Zuversicht, dass Ihr Unternehmen die Krise überstehen wird.
  • Abwägen und klar entscheiden. Geht es um konkrete Probleme, durchdenken Sie verschiedene Handlungsoptionen im Detail. Beteiligen Sie die Teammitglieder daran, Lösungen zu finden. Treffen Sie Entscheidungen jedoch selbst.
  • Abhaken und nach vorn blicken. Läuft etwas nicht nach Plan, lassen Sie es hinter sich. Lamentieren kostet nur unnötig Energie.
  • Einbinden „schwieriger“ Kollegen. Kümmern Sie sich um die Pessimisten im Team und widerstehen Sie dem Impuls, ihnen aus dem Weg zu gehen. Versuchen Sie, diese Mitarbeiter für Ihre Pläne zu gewinnen.
  • Leichtigkeit zurückgeben. Je höher das Stressniveau, desto wichtiger ist ein humorvoller Umgang. Schlagen Sie im Alltag einen angemessen lockeren Ton an, um die Situation zu entspannen.

 

Shackleton-Story als Impuls für einen Führungskräfte-Workshop

 

In Unternehmen geht es selten um Leben und Tod. Wie lassen sich die Shackleton-Regeln hier sinnvoll anwenden? Die abenteuerliche Geschichte eignet sich aus unserer Erfahrung hervorragend als Impuls für einen Führungskräfte-Workshop. Dieser mündet in eine Reflexion:

 

  • Je zwei Führungskräfte derselben Ebene, aber aus unterschiedlichen Bereichen diskutieren über ihre Situation: Müssen sie in der Krise anders führen?
  • Ihre Kernpunkte teilen sie mit der Gruppe. Beispiel:  einen Dialog anbieten, auch wenn es keine neuen Entwicklungen gibt – etwa in Form eines täglichen Check-Ins.

 

Die Reflexion soll nicht bewirken, dass sich Führungskräfte zusätzlich unter Druck setzen. Im Gegenteil: Sie nehmen nicht nur neue Ideen mit, sondern erkennen auch, was bereits gut läuft.

 

Lesetipp:

Margot Morrell, Stephanie Capparell: „Shackleton’s Way – Leadership Lessons from the Great Antarctic Explorer”

 

Filmtipp:

Erst 2022 fand man das Wrack der „Endurance” – großartige Dokumentation von National Geographic über die Spurensuche und die Story Shackletons, mit atemberaubenden Original-Filmaufnahmen des Expeditions-Fotografen Frank Hurley.

2025-03-05, grosse-hornke

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