Genau hinsehen: 6 Erfolgsfaktoren für die Reorganisation

Harte Zeiten, neue Ziele – es gibt viele Gründe für Unternehmen, sich zu reorganisieren. Ob der Plan aufgeht, entscheidet sich zuerst an der Frage: Behandeln wir das wahre Problem oder nur Symptome?

 

Wer in einem größeren Unternehmen arbeitet, weiß in aller Regel: Früher oder später wird sich die Organisation verändern. Ob die Firmenleitung eine Krise bewältigen muss, auf einen neuen Markt strebt, eine Fusion vorbereitet oder Services auslagert – jeder strategische Schritt kann dazu führen, dass die Strukturen nicht mehr passen.

Doch egal ob Schmerztherapie oder Fitnessprogramm: Nur etwa jede vierte Reorganisation bringt die gewünschten Ergebnisse. Woran hakt es – an den Führungskräften, die nicht mitziehen? An den Mitarbeitenden, die neue Vorgesetzte, Aufgaben und Abläufe nicht akzeptieren? Das mag durchaus stimmen. Doch mangelnde Motivation ist auch nur ein Symptom. Die organischen Ursachen liegen tiefer.

Was ist zu beachten, wenn ein Unternehmen seine Organisation neu aufstellen will?

 

1. Zeit nehmen für die Analyse

Auch wenn der Druck hoch ist, schnell zu handeln: Der erste Schritt braucht seine Zeit. Um nicht an Symptomen herumzudoktern, muss das grundlegende Problem bekannt sein. Angenommen, das Symptom ist ein sinkender Marktanteil. Dann lautet die Frage: Was läuft schief an den Stellen in der Organisation, wo sie den Wert für ihre Kunden generiert? Wo gehen Umsätze an Wettbewerber verloren? Es stehen dabei nicht nur Strukturen, Prozesse und Kompetenzen zur Debatte, sondern möglicherweise auch das Geschäftsmodell oder die Positionierung am Markt. Unverzichtbar ist in dieser Phase der Input aus den Bereichen, die in vorderster Reihe für die Kunden arbeiten.

 

2. Organisation von außen nach innen entwickeln

Vertrieb, Filialen oder Kundenservice helfen also, das grundlegende Problem zu erkennen. „Danke, und tschüss!“, sollte es danach aber nicht heißen. Die marktrelevanten Einheiten wirken weiterhin am Umbau mit. Was brauchen sie, um erfolgreicher zu arbeiten? Fehlt ihnen zum Beispiel Eigenverantwortung, setzt die Reorganisation an diesem Punkt an. Die neue Struktur entwickelt sich von außen nach innen, vom Ende der Wertschöpfungskette hin zum Inneren des Unternehmens. Sie entsteht also nicht im Geheimen auf der Chefetage, sondern in einer breiteren Diskussion. Das kann zwar zu Reibungen führen, doch so kommen Einwände früh zur Sprache. Es hilft, wenn eine neutrale Projektleitung diesen Dialog begleitet.

 

3. Auf Rollen fokussieren

Wer erhält welchen Posten? Mit dieser Frage sind starke Interessen verbunden – und möglicherweise Ängste. Auch Führungskräfte fürchten um ihre Jobs, ihren Einfluss, um liebgewonnene Aufgaben oder um kollegiale Beziehungen. Solche Eigeninteressen stehen rationalen Lösungen im Weg. Daher gilt „Funktion vor Person“. Erst wenn klar ist, welche Rollen die neue Organisation benötigt, kommen die geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten ins Spiel.

 

4. Auf Widerstände vorbereitet sein

Neues Team, ungewohnte Abläufe, vielleicht sogar ein anderer Arbeitsort – sollen Betroffene solche Einschnitte akzeptieren, müssen die Gründe überzeugen. Es genügt nicht, wenn der Vorstand eine Change Story präsentiert: Warum brauchen wir die Reorganisation unbedingt, und was haben wir davon? Führungskräfte aller Ebenen müssen Antworten auf diese Fragen parat haben. Ihre Botschaften dürfen nicht zu abgehoben sein, sondern müssen sich auch auf den Arbeitsalltag ihrer Teams beziehen. Um die Argumente zu erarbeiten, bieten sich Führungskräfte-Workshops an.

 

5. Diskussion zulassen

Beschlossen ist beschlossen, aber das heißt nicht: Zur neuen Organisation ist alles gesagt. Das (Top-)Management sollte sich kritischen Fragen stellen und dafür regelmäßig Gelegenheit schaffen. Das können große oder kleine Dialogrunden sein, bei Bedarf auch spezielle Formate, um heikle Themen anonym zu diskutieren.

 

6. Erfolg messen und Risiken im Blick haben

Wann ist die neue Organisation ein Erfolg? Dieses Urteil sollten nicht die Mitarbeitenden beim Plausch in der Kaffeeküche fällen. Kennzahlen und Meilensteine müssen von Anfang an klar sein. Das Unternehmen muss offen damit umgehen, dass die Reorganisation ihre Zeit braucht – und vielleicht nicht alles nach Plan läuft. Beispielsweise kommt es vor, dass die Beschäftigten in der Übergangszeit weniger produktiv sind. Wichtig ist, die Risiken zu kennen und über Probleme zu informieren.

Am Ende zahlt es sich aus, ehrlich Bilanz zu ziehen. Damit steigen die Chancen, dass Mitarbeitende dem Unternehmen weiterhin vertrauen. Denn die nächste Reorganisation kommt bestimmt.

 

2022-12-05, grosse-hornke

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