Finanzexperten analysieren Geldanlagen und stellen sie in einem Portfolio so zusammen, dass der Kunde möglichst hohe Erträge erzielt. Ähnlich bewerten IT Portfolio Manager laufende und geplante Investitionen in die IT eines Unternehmens. Jeder Wunsch nach neuen Leistungen (Capabilities), den das Business äußert, jede Anforderung, die sich aus staatlichen Regulierungen ergibt, wird nach einmal festgelegten Kriterien eingestuft, etwa anhand einer Scorecard, die auch grafisch schnell anschaulich macht: Ist es ein Muss- oder Kann-Projekt? Was bringt das gewünschte IT-Produkt – und inwieweit unterstützt es die Geschäftsstrategie? Welche Kosten und Risiken sind damit verbunden? Passt es in die IT-Landschaft des Unternehmens und ist es zumindest für einen geforderten Zeitraum „zukunftssicher“? Nur wenn ein Vorhaben eine hohe Gesamt-Punktzahl erreicht, kommt es im Projekt-Ranking auf einen der vorderen Plätze – und dann bestehen gute Chancen, dass die IT es auch umsetzt.
Wie lange ein solches IT-Portfolio aktuell bleibt, ist eine Frage, die zurzeit viele Unternehmen beschäftigt. Traditionell plant man IT-Projekte oft ein Jahr im Voraus, als Teil der Budgetplanung. Doch weil sich Technologien und Märkte sehr schnell verändern, ist das häufig zu unflexibel. Möchte ein Geschäftsbereich zum Beispiel kurzfristig eine Cloud-Lösung nutzen, ist dafür vermutlich kein Budget reserviert. Immer mehr IT-Verantwortliche nehmen sich daher vor, dass nicht nur die Projekte an sich, sondern auch deren Auswahl agiler werden soll. Das kann sinnvoll sein, sofern man sich für diesen Schritt Zeit nimmt und strukturiert vorgeht. Agilität darf nicht ins Chaos führen.
Was ist zu beachten?
Dauerthema für das Management
Die Entscheider im Unternehmen müssen vom Nutzen der agilen Methode überzeugt sein. Denn im äußersten Fall werden sie sich sogar mehrmals im Monat mit IT-Projekten befassen, statt einmal im Jahr in größerem Umfang. Es gibt einen ständigen Wettbewerb der Projekte – was auch zu mehr Konflikten führt. Das konsumiert Zeit und muss sich rechnen.
Verwaltung des Portfolios in Backlogs
Die IT Portfolio Manager müssen lernen, mit sogenannten Backlogs zu arbeiten. Darin halten sie alle Projekte, Projektideen und Business-Anforderungen fest, einschließlich geschätzter Kosten sowie Art und Ziel des jeweiligen Projekts: Soll es die Effizienz oder den Umsatz steigern oder rechtliche Vorgaben erfüllen? Auch Abhängigkeiten zu anderen Projekten sind erfasst. Nur was im Backlog steht, hat die Chance, umgesetzt zu werden. Doch nicht unbedingt jede Aufgabe bleibt auf Dauer darin bestehen. Für die Planer, die bislang mit statischen Portfolios gearbeitet haben, ist das gewöhnungsbedürftig.
Unsicherheit im Übergang
Es kann bis zu drei Jahre dauern, bis das agile IT Portfolio Management rund läuft. Besonders in der Anfangszeit liegen die Nerven schnell blank. Etwa wenn auf einmal viele offenbar hochwichtige Themen hereinkommen – und die IT-Manager unsicher sind, wie sie die Projekte einsortieren sollen. Hier können Workshops helfen, in denen IT-Spezialisten und Vertreter aus dem Business die Vorhaben gemeinsam einstufen, etwa nach dem Kleidergrößen-Prinzip in S-, M-, L- oder XL Anforderungen.
Macht der Gewohnheit
IT-Mitarbeiter und Management müssen sich von gelernten Prozessen verabschieden, was nicht immer leicht fällt. Beispielsweise funktionieren Zielvereinbarungen nicht mehr wie früher. Statt Projektresultaten zählen schwieriger messbare Faktoren: Wie flexibel arbeitet der Kollege in der Entwicklung? Wie kooperativ ist die Teamleiterin und wie gut geht sie mit Konflikten um? Sollen Mitarbeiter und Führungskräfte umdenken, müssen die neuen Prozesse nicht nur in der Theorie klar sein – Workshops und Trainings zum agilen Arbeiten helfen gerade zu Beginn, die neue Philosophie auch im Alltag zu leben.